Österreich schreibt Geschichte

Bekanntlich gibt es ja viele Arten von Geschichten. Der erste Antritt des Österreichischen Nationalteams bei einer offiziellen IBSA-Veranstaltung fällt ganz klar unter die Kategorie „Liebesgeschichte“ ...

Bekanntlich gibt es ja viele Arten von Geschichten. Der erste Antritt des Österreichischen Nationalteams bei einer offiziellen IBSA-Veranstaltung fällt ganz klar unter die Kategorie „Liebesgeschichte“.

 

Sowohl auf dem Spielfeld, als auch abseits vom Platz war die Veranstaltung ein voller Erfolg und hat uns nicht nur näher zusammengeschweißt, sondern uns auch gezeigt, dass wir in den letzten eineinhalb Jahren großartige Arbeit geleistet haben. Schlussendlich wurden wir sogar gleich mit mehreren Auszeichnungen belohnt und haben auch für die International Blind Sports Association Geschichte geschrieben, aber mehr dazu etwas später.

 

Neben der österreichischen Auswahl, nahmen Polen, Ungarn, Weißrussland, die Schweiz und Irland am „Blind Football Cup Kraków 2018“ teil. Von den genannten Nationen waren wir ganz klar das Nesthäkchen. Die anderen Teams gibt es in ähnlichen Konstellationen teilweise schon seit knapp 10 Jahren, wohingegen wir vor etwas weniger als einem Jahr einen regelmäßigen Trainingsrhythmus etablieren konnten.

 

Wir fanden uns zu Turnierbeginn ganz klar mit der Außenseiterrolle konfrontiert und mussten uns im ersten Spiel gegen Weißrussland mit 0:5 geschlagen geben, wobei das Ergebnis sehr unglücklich war. Bei ähnlich vielen Chancen für beide Seiten, ging gefühlt jeder Torschuss der Gegner ins Netz, während der gegnerische Torhüter mit mehreren spektakulären Paraden das Publikum begeistern konnte. Ob unsere späte Ankunft (wir konnten nach langer Anfahrt am Vortag erst gegen halb zwei Uhr Nachts unser Hotelzimmer beziehen) auch einen Einfluss hatte, werden wir wohl nie wissen, aber unsere Ergebnisse aus den restlichen Spielen legen die Vermutung nahe.

 

Am Folgemorgen gab es ein Aufeinandertreffen mit den gesetzten Ungarn, die sich am bereits Vortag gegen Weißrussland durchgesetzt hatten. In einem flotten Spiel, bei dem beide Torhüter mehrmals sichergeglaubte Tore verhindern konnten, verzweifelten die Ungarn an unserem Abwehrbollwerk bestehend aus Kapitän Bettina Sulyok, Mario Grillmeier, Alphonse Lekanga und Tormann Peter Bittmann. Schlussendlich trennten wir uns von unseren Nachbarn mit 0:0 und konnten somit das erste Mal in der Geschichte für Österreich Punkte bei einer offiziellen IBSA-Veranstaltung holen. Ausgiebig feiern konnten wir allerdings noch nicht, da am nächsten Tag wieder ein Nachbarduell am Programm stand, diesmal allerdings mit unserem Nachbar aus dem Westen, der Schweiz.

 

Im Playoff um den 5. Platz konnten wir früh unsere Dominanz ausspielen und gingen nach wenigen Minuten durch unseren Stürmer Mustafa Hösgören mit 1:0 in Führung, ehe er kurze Zeit später zum 2:0 traf. Die Schweizer kämpften zurück und man merkte wie das Spiel ruppiger wurde. Zum einen brachte ihnen der harte Einsatz den Anschlusstreffer, allerdings mussten sie kurze Zeit darauf für ein unsportliches Foul eine Gelb-rote Karte hinnehmen. (Anmerkung: Im Blindenfussball bedeutet eine rote Karte, eine zweiminütige Unterzahl und das der Spieler nicht wieder eingewechselt werden darf. Ähnlich zum Eishockey endet die Unterzahl sobald der Gegner ein Tor erzielt).

 

Zur Halbzeit lagen wir 2:1 vorne und waren zuversichtlich den Sieg mit einer konzentrierten Leistung über die Zeit bringen zu können, dennoch hätten wir uns nicht träumen getraut, wie dominant wir diese Aufgabe meistern würden.

 

Mit 6(!) Treffern in der zweiten Hälfte konnte Mustafa Hösgören das Spiel nicht nur sicher für uns nach Hause bringen, sondern sich im Zuge dessen sogar zum Torschützenkönig des Turniers krönen!

 

Beim Schlusspfiff standen unseren 8 Treffern nur 2 der Eidgenossen gegenüber, womit wir nach den ersten Punkten für Österreich im vorherigen Spiel noch einen draufsetzen konnten und den ersten Sieg einer österreichischen Mannschaft bei einem derartigen Event feiern konnten.

 

Auch wenn wir nur einen Namen auf die Torschützenliste eintragen konnten, war es eine beachtliche Teamleistung, insbesondere unser Mittelfeldmotor Paulin Nomy ließ die Schweizer mit seinen wohlgetimeden Tacklings und seinem schnellen Umschaltspiel nicht mehr in die Partie finden und konnte nebenbei auch noch 5 Assists beitragen.

 

Bei der Siegerehrung im Anschluss an das Finale, welches Gastgeber Polen für sich entscheiden konnte, wurden wir mit dem Fairplay-Award ausgezeichnet und darüber informiert, dass Bettina Sulyok der erste weibliche Kapitän bei einer Veranstaltung der International Blind Soccer Association überhaupt ist.

 

Zusammenfassend kann ich nicht viel mehr sagen, als wie unheimlich Stolz ich auf diese Mannschaft bin. Wir haben es innerhalb kürzester Zeit geschafft zur internationalen Konkurrenz aufzuschließen und ich kann an dieser Stelle voller Stolz verkünden, dass Österreich nun endgültig im internationalen Blindenfussball angekommen ist. Einen großen Anteil daran haben auch Andreas Sorsky, Tanja Hengl und Lukas Heger meine Trainerkollegen die es aufgrund von Terminkollisionen leider nicht zum Turnier geschafft haben.

 

Unheimlich dankbar bin ich auch Katharina Bibel, die kurzfristig für dieses Turnier als Torguide eingesprungen ist und die Herausforderung bravourös gemeistert hat, ebenso wie unserem technischen Assistenten Yusuf Gürler, ohne den wir schlichtweg überfordert gewesen wären und unsere Spieler in der Mittagshitze möglicherweise verdurstet wären. Besonderer Dank gilt auch Keeper Peter Bittmann, der in allen Belangen dieser Reise, sei es am Spielfeld oder Abseits davon, von zentraler Wichtigkeit war und ohne den es wohl nicht funktioniert hätte.

Zu guter Letzt möchte ich noch dem Österreichischen Behindertensportverband und allen voran Charly Mayr und Matias Costa großen Dank aussprechen. Ohne eure Unterstützung hätten wir an diesem Event nicht teilnehmen und somit hätte diese Liebesgeschichte niemals stattfinden, und erst recht kein Happy End haben können.

 

Als kleine Zugabe habe ich unser Team Spieler gebeten ein paar Worte zum Turnier abzugeben.

Bettina Sulyok: „Es war großartig! Wir hatten super Teamgeist, ein tolles Coachingteam und einen schönen Abschlussabend – insbesondere weil das Turnier verschiedene Länder und Kulturen zusammengebracht hat.“

Yusuf Gürler: „Es war schön Teil des Teams zu sein und ich freue mich darauf, weiterhin als Techinical Assistant zur Seite zu stehen“

Mario Grillmeier: „Großen Dank and Kathi und Peter, ohne sie wäre das Ganze nie möglich gewesen.“

Mustafa Hosgören: „Das erste Tor in unserer Geschichte hat uns befreit. Nicht umsonst kam gleich darauf die Torflut“

Alphonse Lekanga: „Danke an alle die mitgefahren sind und auch an jene die uns die Daumen gedrückt haben – ohne die Unterstützung hätten wir nie so gut spielen können. Ich glaube, dass wir in Zukunft noch besser werden und bei zukünftigen Turnieren noch erfolgreicher sein können!“

Katharina Bibel: „Es war absolut beeindruckend und eine bewegende Erfahrung für mich.“

Peter Bittmann: „Es war zwar ein freundschaftliches Turnier, aber trotzdem ein ernsthafter Wettstreit. Wir haben Fairness groß geschrieben und jeder hat sein Bestes gegeben und bis zum Schluss durchgekämpft – niemand hat nachgelassen und das macht mich besonders stolz.“



Österreichischer Behindertensportverband
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