Österreichs Blindenfußballkapitänin berichtet vom Abenteuer Japan
Am 19. Februar war es soweit. Wir, Tanja Hengl und ich, Bettina Sulyok, machten uns auf den Weg nach Japan. Wir sind unterwegs zum World Select Team, das nach einem zweitägigen Trainingscamp gegen die japanische Frauen Blindenfußballmannschaft antreten soll.
10,5 Stunden mit dem Flugzeug der Sonne entgegen. Aufgeregt landen wir in Tokyo. Den ersten Tag verbringen wir hauptsächlich gehend, um der Müdigkeit, die die Zeitumstellung mit sich bringt, entgegen zu wirken. Wir besuchen die ersten Sehenswürdigkeiten unter anderem eine weitläufige öffentliche Parkanlage mit einem bewaldeten Bereich mit alten Bäumen und einen Tempel, im japanischen genannt Schreien. Tanja erweist sich als geniale Begleiterin. Ihren Beschreibungen zu Folge wird alles auch für mich sichtbar.
Am Abend treffen wir beim Abendessen erstmals auf die anderen Teilnehmerinnen. Bei einer Teambuilding Session lernen wir uns etwas besser kennen und genossen zum ersten Mal japanisches Essen. Vertreterinnen aus verschiedensten Kontinenten nehmen an dem Trainingscamp teil: Afrika ist durch Nigeria und Zimbabwe vertreten, eine Teilnehmerin kommt aus Australien, Teilnehmerinnen vom japanischen Nationalteam sind für Asien dabei, Südamerika ist mit einer argentinischen Stürmerin und ihrem Guide da und aus Europa sind drei Schwedinnen mit ihrem Trainer vor Ort. Aus Deutschland ist die uns bestens bekannte und geschätzte Katha Kühnlein angereist. Toussaint A. aus Frankreich wird das Trainingscamp leiten und auch der Coach der World Select Auswahl sein, die am 23.2. gegen Japan antreten wird.
Am nächsten Tag starten wir mit einer Einheit über die wichtigsten Regeln des Five-a-side Fußballs. Es folgt der erste Trainingstag mit viel Techniktraining, wie Dribbling, Ballkontrolle und Ballannahme. Auch erste Spielzüge werden probiert.
Am zweiten Tag des Trainingscamps werden Vormittag noch individuell abgestimmte Übungen gemacht. Tanja organisiert ein Torfrauen-Training, da die Keeper ohnehin noch zu kurz gekommen sind. Es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen der japanischen Torfrau und Tanja. Unsere österreichische Keeperin kann ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit der japanischen Kollegin teilen.
Am Nachmittag folgen zwei Trainingsmatches, die viel Spaß machen. Jede Teilnehmerin kommt zum Spielen und damit auf ihre Kosten.
Dann folgt der große Tag. Am 23.2. werden wir mit dem Bus abgeholt und zur Sportstätte nach Saitama gebracht. In einer großen Halle wird das Spiel der „IBSA Select“ gegen Japan stattfinden. Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Musik wird geboten. Die Japaner haben alles sehr professionell und toll organisiert.
Der Coach des IBSA Select Teams entscheidet sich für eine sehr offensive Startaufstellung und schickt zu Beginn eine zur Hälfte sehr unerfahrene Truppe aufs Feld. Das Kalkül geht nicht auf und bereits nach fünf Minuten steht es 3:0 für die Gastgeber aus Japan. Mitte der ersten Hälfte durfte ich die Abwehr verstärken. Wie gewohnt, ergibt sich ein sehr gutes Zusammenwirken zwischen Tanja und mir und auch die zweite Abwehrspielerin aus Schweden lässt sich sehr gut integrieren. Einmal mehr zeigt sich wie wichtig die Abstimmung zwischen Guide (in diesem Fall der sehenden Torhüterin als Guide für die Abwehr) und den Spielerinnen, sowie die Kommunikation zwischen den Spielerinnen funktioniert. Es folgt eine lange Phase in der sich das Spiel beruhigt und ohne Gegentreffer bleibt. Aus der stabilen Abwehr heraus entstehen auch Chancen nach vorne. Vor allem durch die wie immer souverän spielende Katha Kühnlein, aber auch eine junge engagiert schwedische Stürmerin zeigt sehr gute Aktionen. Es folgen viele Wechsel um alle Spielerinnen der IBSA Select Auswahl die Möglichkeit zu geben vor dieser tollen Kulisse auf den Platz zu spielen. Weitere Unsicherheiten treten auf und die Japanerinnen nutzen diese und treffen weiterhin. Diese Tore „sehen“ Tanja und ich bereits von der Bank aus. Schlussendlich gewannen die Japanerinnen verdient 10:0 gegen das IBSA Select Team.
Nach dem Spiel gibt es Ehrungen für die japanische Top-Scorerin Sora Kikushima und Katha Kühnlein als wertvollste Spielerin. Es werden Fotos geschossen und weiter Freundschaften gepflegt. Tanja tauscht Tormanndress mit ihrer asiatischen Kollegin. Kinder übergeben an jede Spielerin einen Blumenstrauß. Auch daran merkt man, mit wie viel Engagement die japanischen Gastgeber die Veranstaltung organsiert haben. Ihnen muss ein uneingeschränktes Lob ausgesprochen werden. Den Abend verbringen wir bei einem gemeinsamen sehr netten Abendessen mit der japanischen Nationalmannschaft.
Abschließend möchte ich in eigener Sache danke sagen: an den Österreichischen Behindertensportverband für die Ermöglichung dieser tollen Reise, allen Beteiligten vor Ort und am allermeisten Tanja für die umsichtige Begleitung, den tausend fröhlichen Momenten und ihre Unterstützung, wenn ich sie brauchte. Ich hätte mir keine bessere Begleiterin und Torfrau im Spiel sowieso für das Camp wünschen können.