Wie gehts eigentlich Patrick Bitzinger am Weg nach Rio 2016?

Top 10 Ergebnis in Verola, Weiterer Spitzenplatz in Brescia, "Patschen" verhindert Sieg in Griechenland und Siege bei der Paracyclingtour und bei den Staatsmeisterschaften. Der vollblinde gebürtige Waldviertler hat sich mit seinem Pilotfahrer Wolfgang Tenor ein großes Ziel gesetzt. Die Qualifikation für die Paralympics in Rio nächstes Jahr. Enorm motiviert starteten sie bei den ersten Rennen in dieser Saison. Ein Bericht von Benjamin Wangel.

  

Top 10 Ergebnis in Verola
Patrick Bitzinger war beim Verola Paracycling Cup Start. Er konnte in der Gesamtwertung, aus Straßenrennen und Zeitrennen, den achten Gesamtrang holen.
Beim Straßenrennen galt es zunächst einen 5,8 Kilometer Rundkurs zwölfmal zu absolvieren. Der Kurs an sich ist nicht besonders schwierig, hat aber beachtliche 22 Kurven. Bereits vor dem Start wurde deutlich, dass sich ein großer Teil der Elite unter den Teilnehmern befindet. Dennoch konnte Patrick gemeinsam mit seinem Pilotfahrer Wolfgang Tenor, als achtes Team aus der ersten Startreihe fahren.  Diese wird nach der Weltrangliste vergeben, in welcher sich die beiden eigentlich auf Platz zwölf befinden, doch vier besser gesetzte Teams waren nicht am Start.
Bereits ab der ersten Runde wurde in jeder Kurve gekämpft. Vor allem die Spanier und Niederländer trieben das Tempo in die Höhe, da sie mit jeweils zwei Tandems am Start waren und somit im Team arbeiten konnten.  Diese 4 Tandems bildeten gemeinsam mit einem Argentinischen, einem Italienischen und Patrick die Führungsgruppe.  Bis zur 6. Runde konnten die Österreicher das hohe Tempo mitgehen, ehe sie abreisen mussten.  Nachdem die Argentinier eine Runde später ebenfalls aus der Führungsgruppe fielen, kam es zum Duell um Platz sechs. Im Schlusssprint zog Patrick leider den Kürzeren und beendete das Rennen schließlich auf Platz sieben.
Während der abendlichen Analyse stellte sich heraus, dass Patrick die erste halbe Stunde des Rennens mit einem Puls von  mindestens 185 unterwegs war, teilweiße sogar über 190. Durch die hohe Belastung kam Patrick in der Nacht auf Sonntag kaum zur Ruhe, da der Körper noch immer auf Hochtouren arbeitete. Schon beim Einfahren am nächsten Tag kristallisierte sich also heraus, dass Patrick seinen Puls nicht über 180 brachte. Dadurch mussten sie sich im Zeitfahren noch zwei weiteren Teams geschlagen geben und beendeten das Rennen auf Platz neun. Im Europacup werden beide Ergebnisse addiert, dadurch ergibt sich für Patrick und Wolfgang Platz acht. Patricks persönliches Resümee fällt daher positiv aber nüchtern aus: „Einerseits bin ich zufrieden, weil fast die Hälfte der Starter aus den Top 10 der Weltrangliste waren, andererseits war bei diesem Kurs, der mir nicht besonders entgegenkommt nicht viel mehr möglich. Es sind sicher größere Fahrer mit längeren Hebeln bevorzugt. Ich mit 1,70 m und 60 kg habe natürlich meine Vorteile am Berg.“

  

Weiterer Spitzenplatz in Brescia
Nach dem achten Platz letzte Woche in Verola stand für Patrick Bitzinger nun der Paracycling Cup in Brescia, wieder mit einer Kombination aus Straßenrennen und Zeitfahren, auf dem Programm. Die Strecke war im Vergleich zur Vorwoche mehr nach Patricks Geschmack, denn statt den vielen Kurven  bestand die besondere Herausforderung diesmal in einem Anstieg mit einer Steigung von bis zu dreizehn Prozent. Insgesamt galt es die 4,7 Kilometer lange Strecke 17-mal zu absolvieren.
Auch diesmal war bis auf zwei Teams wieder die gesamte internationale Konkurrenz vertreten. Bereits beim Einfahren hatte Patrick ein besseres Gefühl als letzte Woche, wo der Abstand zum Trainingslager noch etwas zu kurz war. In der ersten Runde des Rennes setzten sich die spanischen Weltmeister und ein niederländisches Tandem ab. Patrick positionierte sich in einer aus fünf bis sechs Tandems bestehenden Verfolgergruppe. Zwei Runden vor Schluss konnte sich noch ein weiteres Tandem absetzen, somit ging es für Patrick und seinen Pilotfahrer Wolfgang Tenor in einen Schlusssprint um Platz fünf. Durch Wolfgangs ausgezeichnete Technik konnten sie dabei den Regen ausnutzen der während des Rennens eingesetzt hatte. Vor der Schlusskurve setzten sie sich auf die erste Position, bevor es ohne Rücksicht auf Verluste über Kanaldeckel in Richtung Ziel ging. Zwar konnte ein argentinisches Tandem sie noch übersprinten, nachdem es zuvor vom Windschatten der beiden profitierte, dennoch beendeten sie das Rennen auf dem sehr guten fünften Platz.
Beim Zeitfahren war der große Vorteil im Vergleich zur Vorwoche ein Ruhetag zwischen den beiden Rennen. Zwar fühlte sich Patrick am Anfang nicht so gut, da er allgemein eher ein Spätstarter ist, dennoch kam er im Laufe des Rennens immer mehr in Fahrt. Am Ende wird es für beide der starke Gesamtrang sieben. Auch Patricks Fazit ist durchaus positiv: „Mit dem Ergebnis bin ich recht zufrieden, da wieder einige starke Tandems am Start waren.“

  

„Patschen“ verhindert den Sieg beim Europacup in Griechenland
Nach den guten Ergebnissen in Italien ging es für Patrick nun zum Festos European C1 Paracycling Cup nach Griechenland. Hier konnte er in einem von Defekten geplagten Rennen denn den sehr guten 2.Rang holen.
In Festos galt es einen sieben Kilometer langen, komplett flachen, Kurs zu absolvieren. Die Strecke befindet sich auf einem alten Militärflughafen, der direkt ins Meer ragt. Die besondere Herausforderung stellt somit der, dadurch bedingte, starke Wind dar. Patrick und sein Pilotfahrer waren diesmal als einzig internationales Tandem am Start und somit auch in der Favoritenrolle. Beim Zeitfahren am Samstag waren zwei Runden am Kurs zu absolvieren. Doch bereits in der ersten Runde kam es zum Defekt. Durch einen „Patschen“ am Vorderrad wurden die beiden gezwungen dieses zu wechseln. Zwar konnte der Defekt recht zügig behoben werden, dennoch reichte es am Ende nur für Platz drei, 15 Sekunden hinter den Siegern. Dementsprechend enttäuscht fällt auch Patricks Resümee aus: „Das war schon sehr ärgerlich. Ohne den Defekt hätten wir sicher mit über einer Minute Vorsprung gewonnen.“
Nach der Niederlage am Vortag, starteten die beiden am Sonntag umso motivierter ins Straßenrennen. Diesmal galt es die Strecken zehnmal zu absolvieren. Bereits von Beginn an gaben Patrick und Wolfgang ein sehr hohes Tempo vor. Nach zwei Kilometern konnten sie sich schließlich deutlich absetzen und profitierten immer mehr von taktischen Fehlern der Konkurrenz. Von Runde zu Runde konnte der Vorsprung der beiden immer weiter vergrößert werden. Doch auch diesmal blieb ihnen ein Defekt nicht erspart. In Runde Acht hatten sie den nächsten „Patschen“ am Vorderrad. Grund dafür waren wie am Vortag Muscheln und Scherben auf der Straße. „Zum Glück konnte dieses Problem auch sehr rasch behoben werden und wir siegten schlussendlich mit über 5 min Vorsprung“ freut sich Patrick dennoch über ein gelungenes Rennen. Im Endergebnis bedeutet das Rang zwei für Bitzinger, da die Sieger aus dem Zeitfahren Platz zwei im Straßenrennen belegen konnten.

  

Siege in der Paracyclingtour und bei den Staatsmeisterschaften
Am Pfingstwochenende fanden Paracyclingtour und Staatsmeisterschaften in Oberösterreich statt. Am parallel ausgetragenen Rennen hat Patrick mit seinem Pilot Wolfgang Tenor den Gesamtsieg in der Paracyclingtour, Tagessieg im Straßenrennen und inoffiziell Platz 3 bei den Amateuren errungen.
Sie gewannen auch die Straßenstaatsmeisterschaft.
In der ersten Etappe gab es ein Bergzeitfahren auf den Grasberg (3 km, 260 Höhenmeter). Wie es Patrick Bitzinger erzählte, sie gingen mit einer bisschen demotivierten Stimmung ins Rennen, weil kaum Teilnehmer waren, und das Wetter zu wünschen übrig ließ. „Das Rennen selber war für mein Gefühl katastrophal, bedingt durch den steilen Anstieg brachte ich über die gesamten 3 km keinen ordentlichen Runden Tritt zusammen. Am Ende hatten wir 9/10 s Rückstand, was doch sehr bitter war”, sagte Bitzinger. Es wurde der zweite Platz von vier Teilnehmer.
Am 23. Mai am Vormittag in Ebensee beim Bergsprint mit Massenstart konnten sie sich revanchieren und gewannen den Zielsprint – auch weil ihnen die Slowaken bereits den Sprint sehr gut angezogen hatten.
Danach kam das Rundstreckenrennen Redlham am 23. Mai Nachmittag. Bei diesem Rennen machte Patrick Bitzinger den Fehler, dass er sich zu wenig zu essen mitgenommen hat, und daher auf den letzten 1000 m die Kraft ausging. So belegten sie nur Platz drei. Sie wussten zwar, dass sie um einiges stärker als die zwei slowakischen Tandems sind, aber konnten es wegen den kurzen Distanzen in den ersten drei Etappen nicht ausspielen.
Nächste Etappe war das Zeitfahren am Sonntag von Attnang Buch Heim nach Oberndorf bei Schwanenstadt. So erinnert sich Patrick Bitzinger: „Das Gefühl beim Aufwärmen war 'beschissen'. Aber irgendwie kam ich dann doch sehr gut ins Rennen, und bei der Hälfte des Rennens bei 10 km, war ein Anstieg und wir konnten das führende slowakische Tandem, das eine Minute vor uns gestartet war, bereits am Berg oben sehen.”
Im Ziel hatten Bitzinger und Tenor 32 s Vorsprung auf sie, und das Rennen gewonnen – so sind sie österreichischer Staatsmeister und in der Gesamtwertung der Paracyclingtour war wieder alles offen.
Beim Straßenrennen in Schwanenstadt waren 4 Runden zu je 20 km zu fahren, und starteten alle Klassen (Tandems, Amateure aus dem Nichtbehindertensportbereich, usw.) gemeinsam.
„Wir wussten, wir müssen gewinnen, damit wir die Tour zu unseren Gunsten entscheiden”, so Bitzinger. „Das war für uns ein sehr großer Vorteil. In der ersten Runde gingen wir ein paar Attacken von den anderen Solofahrern mit oder attackierten selber, sodass die Slowaken gefordert waren. Diese Strategie ging voll auf, in der letzten Runde sagte Wolfgang, mein Pilotfahrer zu mir, die Slowaken sind am Berg schon sehr am Limit.
7 km vor dem Ziel starteten wir die alles entscheidende Attacke am Berg. Zu diesem Zeitpunkt waren wir von gesamten Feld gesehen in der zweiten Gruppe.
"Wir konnten aber noch zur Führungsgruppe aufschließen und sie überholen. Einer von ihnen konnte sich am Hinterrad von uns anhängen, gegen ihn verloren wir dann den Zielsprint, das aber auch nur, weil Wolfgang die Zieleinfahrt nicht kannte.”
Das Ergebnis war Gesamtsieg in der Paracyclingtour, Tagessieg im Straßenrennen und inoffiziell Platz 3 bei den Amateuren, und sie gewannen auch die Straßen-Staatsmeisterschaft.

  

  

  

  

  

  



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